Das feine Netz

Die spinnt doch total. So ein verrücktes Vieh. Ich werd noch ganz kirre. Du fragst dich, von wem ich da rede? Ach so, ja … na von der kleinen Spinne, die irgendwo in meinem Motorrad wohnt.

Jeden Tag, wenn ich zu meinem motorisierten Untersatz komme, hat diese kleine Spinne ein süßes kleines Netz an meinen Lenker dran gehäkelt. Jedes Mal denke ich dann: „Mensch Spinne, strick deine Fäden doch woanders. An dem großen Ast vom Apfelbaum gleich gegenüber zum Beispiel oder dort drüben in der Hecke.“ Und ja, jeden Tag zerstöre ich ihr Nachtwerk. Und jeden Tag fällt es mir ein wenig schwerer ihr Netz wieder aufs Neue einzureißen. Es gehört einfach nicht dort hin.

Und heute? Früh hatte ich ihr Netzwerk entfernt und dann … Stunden später, ich kam gerade von der Arbeit, um nach Hause zu cruisen und staunte nicht schlecht. Jetzt hatte die kleine Spinne neben ihrer tagtäglichen Nachtschicht auch noch eine zweite Tagschicht eingelegt. „Ich gebe mich geschlagen.“ hab ich ihr gesagt. Zusammen mit der kleinen Spinne und ihrem kleinen, feinen Netz an meinem Lenker, ging es dann nach Hause.

Aber nur dieses eine Netzchen. Mehr is nich drin. Du kleine verrückte Spinne.

Der kleine Spatz

Ich habe heute mit einem Spatz gesprochen. Eigentlich textete ich ihn nur stumpf zu, während er emsig kleine Zweige zusammentrug. Mir schien, er war dabei sein Nest auszubessern. Ich flüsterte ihm zu, dass er gut dran sei.

Woanders rasseln die Menschen wie blöde mit den Säbeln, als wüssten sie es nicht besser. Dummbratziges Pack, getrieben von Machtgeilen und Geldgierigen Wenigen, die weit weg von den zahllosen Kriesenschauplätzen ausharrten bis sich das niedere Bauernvolk auf deren Geheiß hin die Köpfe einschlägt.

Kurz, so schien es mir, hatte ich die ungeteilte Aufmerksamkeit von dem kleinem Federviech. Doch dann widmete er sich wieder seiner Rohstoffsuche. Du ignorierst mich kleiner Spatz? Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Aber natürlich. Sind die Menschen erst allesamt ausgerottet, muss du kleiner Spatzenmann ja trotzdem für ein behagliches Heim und für deine Lieben sorgen. Schlaues Vögelchen. Ach wäre die Menschhkeit nur halb so clever wie du mein kleiner Spatz.

2015

Ein schauriges Gebrüll riss mich heute Morgen aus dem Schlaf. Noch tief verträumt versuchte ich die Quelle des Lärmes zu lokalisieren. Sie schien sehr weit weg zu sein und da … jemand schrie meinen Namen. Verdattert wühlte ich mich aus meinem Bett und tapste zum Fenster. Regen. Dunkle Nacht. Einsamkeit. Niemand zu sehen. Und trotzdem rief jemand aus der Ferne meinen Namen.

Knapp 2 Stunden später. Ich sitze hier in meinem kleinen, kalten Büro und ich weiß, wer oder besser was mich da rief. Mein Schreibtisch – die Sau!

Nackte Angst

Letzte Nacht hat mich ein Traum aus dem Schlaf gerissen. Noch viele Stunden später beschäftigte er mich. Jeder weiß, dass Träume nicht immer gleich strukturiert oder auf ein und derselben Zeitachse ablaufen müssen. Das Gehirn verarbeitet im Schlaf Unmengen an Informationen. Lässt Protagonisten, Örtlichkeiten, Emotionen schlagartig wandeln und dadurch keine Möglichkeit ein klares Bild des Traumes wiederzugeben. Aber letzte Nacht … der Traum war so erschreckend real, wie eine Erinnerung, die nicht verblassen will oder nicht kann.

Der Traum handelte von meiner Familie und von meinen Freunden. Unter freiem Himmel an einem See saßen wir alle beisammen. Wir feierten irgendetwas. Hatten Spaß. Lachten. Aßen. Die Kinder tobten und tanzten um uns herum. Bunte Farben überall. Und plötzlich hielten alle schlagartig inne. Angst, Entsetzen, Fragen, Ungläubigkeit – all das lass ich in Ihren Gesichtern. Ich war Ihnen zugewandt und stellte fest, dass sie alle durch mich hindurch und an mir vorbei auf den Horizont starrten. Ich drehte mich also um und sah dieses gleißende Licht. War völlig geblendet. Es brannte in meinen Augen. Mit der Hand vor dem Gesicht versuchte ich durch dieses Licht hindurch zu sehen. Vergebens. Und so schnell wie dieses Licht am Horizont auftauchte, verschwand es auch wieder. Totale Stille. Vom Licht geblendet tastete ich nach der Hand meiner Frau, die neben mir saß. Sie wiederum zog unsere Tochter zwischen uns. Ich sah meiner Frau ins Gesicht und sah diese Angst. Diese nackte Angst.

Und im nächsten Augenblick kam eine schwarze Welle, schwarze Wolke … nein eine schwarze Wand auf uns zugerast. Alles schwarz. Schwarz.

Hochgeschossen, lag ich auf einem Arm aufgestützt in meinem Bett. Mein Herz hämmerte mir in der Brust. Ein Traum. „Das war nur ein Traum“ wurde mir klar. Meine Frau schlief tief und fest neben mir. Ich rappelte mich auf und verschwand in der Küche. Ein Glas Wasser sollte für Erfrischung und klare Gedanken sorgen. Mein Blick fiel auf die Uhr an der Mikrowelle. Es war 04:36 Uhr. Mitten in der Nacht.

Auf dem Weg zurück zum Schlafzimmer blieb ich vor dem Zimmer meiner Tochter stehen. Lauschte. Öffnete sacht die Tür und sah sie im fahlen Schein des Mondlichts liegen. Ich ging zu ihr ans Bett und zog ihr die Bettdecke hoch. Sie sah so unschuldig aus, wie sie da lag mit ihrem Lieblingskuscheltier im Arm. Keine Ahnung, wie lange ich da noch an ihrem Bett stand. Mir war mehr als nur bewusst, wovon ich nur Minuten zuvor träumte.

Ich hoffe, dass dieser Moment nie kommen wird und auch meine Tochter und meine Enkel und deren Kinder und Enkel dieses Ende niemals sehen werden.

Zurück in meinem Bett spukten mir diese Gedanken noch lange durch den Kopf. Schlussendlich entließ mich ein einziger Wunsch zurück in meinen Schlaf. Falls irgendwann dieser unsagbare Moment kommen sollte, der alles beendet und alles was es gibt mit sich nimmt, dann möchte ich bei meiner Familie sein. Ich möchte dann nicht alleine sein. Die Angst vor dem Alleinsein überwiegt so viel mehr als die Angst vor dem Ende.

Ist das normal?

Allet Jut!

Diese 2 Sätze bringt man mir in letzter Zeit immer öfter entgegen: „Alles gut bei Dir?“ und „Du bist heute so nachdenklich.“

Um da ein paar Missverständnisse aus dem Weg zu räumen – Ja, mir geht es an und für sich recht gut. Ich kann physisch keine Probleme benennen und psychisch belastbar bin ich wohl auch. Quasi kerngesund. Glaube ich zumindest. Und die vermeintliche Nachdenklichkeit ist das Resultat eines jahrelangen Trainings, bei dem ich versuche höchst angestrengt zu wirken, obwohl mir just in diesen besagten Momenten einfach mal gar nix durch den Kopf geht.

In anderen, auch nicht wenigen Momenten aber, bin ich wirklich mit dem Kopf in ganz wichtigen Dingen vertieft. Meist sitze ich dabei in meinem kleinen Office und versuche meine Kunden zufrieden zu stellen. Das ist nicht einfach. Und dabei darf man schon mal so wirken, als wäre man nachdenklich. Ist nix Schlimmes. Allet jut.

Trotzdem Danke der Nachfrage.

Was sind schon 10 Jahre?

Das ist doch gerade erst jetzt gewesen. Wo ist die Zeit nur hin? Wenn ich die Fotos der letzten 10 Jahre durchwühle (bildlich gesprochen – digital wird weniger gewühlt – mehr geklickt), dann ist es immer rasch da – das Gefühl … der Gedanke … oder besser noch, die Erkenntnis. Genau, die Erkenntnis. Das sind alles Aufnahmen, die so nicht wiederkommen werden. Der Tag Deiner Geburt. Die ersten holprigen Schritte. Dein erster Roller, Dein erstes und zweites Fahrrad. Ich weiß, das Dritte muss her. Einschulung Türmchenschule, Abschlusszeugnis Türmchenschule, Einschulung Orientierungsstufe Heinrich-Schütz-Schule …

Könnte ich das doch alles besser festhalten. Etwas mehr genießen.

Eben noch unbeholfen in meinen Armen, bist Du jetzt alleine mit Bus und Bahn ins Zentrum gefahren. Triffst Dich dort mit Freunden zum Shoppen oder fährst zu Deinen geliebten Ponys und Pferden, um sie zu putzen und mit ihnen auszureiten. Das macht mir Angst. Ungerechtfertigter Weise – ich weiß. Das kannst Du doch alles. Das weiß ich auch. Bist ja schon groß. 10 Jahre verfliegen wie nichts. Was werden die nächsten Jahre für Dich vorhalten? Was für uns? Und was für mich?

Die erste Liebelei? Lass Dir gesagt sein, die Halterung für das Schrotgewehr ist schon gekauft und muss nur noch über der Eingangstür angeschraubt werden. Der schulische und berufliche Werdegang? Glaub mir mein Schatz – Reithofbesitzerin ist kein richtiger Beruf. Die erste richtige Liebe mit Schmerzen und Sehnsüchten? Mama und Papa haben immer ein offenes Ohr für Dich. Die eigene Familie? Gott oh Gott … lass Dir ganz viel Zeit damit mein Schatz.

Heute feiern wir Deinen 10. Geburtstag. Das erste Mal zweistellig. Das ist doch was. Für Dich und auch für mich. Ich liebe Dich meine kleine Emma.

Dein Papa – „Für Emma und ewig“

Balkonien

Der Vogel versagt bei dem Versuch gegen mein Radio anzukämpfen. Pech du Vogel, flüstere ich ihm leise zu. Ich lasse meinen Blick durch den Innenhof schweifen. Ein paar Trainingsanzüge beladen ihren Transporter. Die Frau vom Obertraningsanzug gibt mit Quake im Arm zahlreiche Anweisungen und das mit ziemlich harter Stimme. Und der Obertraingsanzug weiß die Order weise weiterzuleiten. Emsig sind die Traingsanzüge am Machen – da unten.

„Ein Kommen und gehen ist das hier.“ sagt meine Frau. Wir wohnen nun schon ein paar Jahre in dieser Straße. Und sind schon lange nicht mehr die Neuen hier. Meine Frau sitzt auf der Truhe auf unserem Balkon. Die Wäsche tropft nass auf die mediterranen Steine vor ihren Füßen. Sie geniest die ersten richtig warmen Sonnenstrahlen in diesem Jahr. „Zeit für eine Momentaufnahme.“ sag ich mir.

Fix das iPad rausgeholt. Ach Mist. Und keine wirkliche Text App parat. Zum Glück ist man technisch angekommen. App Store, Sucheingabe, klick und fertig. Schon krass wie unkompliziert das geht. Wenn doch alles so einfach wäre.

Unsere Lütte gesellt sich zu uns. Ich korrigiere – zu mir. „Was machst Du da, Papa?“ schmettert sie mir entgegen und mit einem schwungvollen Satz schmeißt sie sich auf meinen Schoß. „Nix“ entgegnete ich ihr. „Klasse“ bekomme ich als Reaktion von ihr zurück. „Dann kann ich ja das iPad haben.“ und reißt es mir aus den …

Maik

Alltag, Lärm, Termine, Hektik – das ist für viele von uns eine leidige Routine. Irgendwann kommt man dann an den Punkt an, an dem man sich die Frage stellt, wer man überhaupt ist und welchen Sinn das Leben für einen hat.

Fast ein jeder von uns kennt diese Momente.

Und dann sucht man nach Ruhe, um sich wieder selbst zu finden. Meistens stellt man dann irgendwann fest, dass die Probleme, die einen quälen, in Wirklichkeit keine sind und man froh sein kann gesund zu sein und vor allem lebendig. Denn eigentlich ist das Leben schön – glaube ich zumindest.

Aber was ist mit den Menschen unter uns, die diese Stille meiden. Die Ruhe gar hassen? Die sich mit sich selbst nicht auseinandersetzen können, weil sie es nie gelernt haben. Die nicht wissen, was den Sinn des Lebens ausmacht? Oder es vielleicht nicht wissen wollen. Die alle ihre Probleme alleine schultern und sie nicht teilen. Diese Last mit sich rumschleppen bis sie ihnen zu schwer wird. Ich glaube Maik war solch ein Mensch. Maik war ein Mensch, der sich nur mit anderen zusammen richtig lebendig fühlte. Für das Alleine sein war er nicht geschaffen. War dafür nicht stark genug.

Das habe ich nun verstanden. Es bleibt nur die Erinnerung an den Maik, wie ich Ihn gerne gesehen habe. Immer unterwegs, immer 100 Prozent geben. Mit dem Snowboard die Piste runter donnern -„na klar man“. Auf dem Wakeboard die Welle reiten – „auf jeden“. Mit dem Motorrad die Geschwindigkeit und die Straße spüren – „jetzt aber mal echt eh“. Hin und wieder mit den Jungs die Moves von damals checken und dabei feststellen, dass man es noch immer drauf hat – „Vater Junge“. Der Angebeteten ein echt geiles Video drehen — „me, myself and i“.

Das war der Maik, an den ich mich erinnern möchte. Auf den Maik hatte ich Bock.

Seinen „größten“ Wunsch hat er sich nun erfüllt. Und wir müssen akzeptieren und verstehen, was nicht zu verstehen ist. Denn das Leben ist eigentlich schön.