Das feine Netz

Die spinnt doch total. So ein verrücktes Vieh. Ich werd noch ganz kirre. Du fragst dich, von wem ich da rede? Ach so, ja … na von der kleinen Spinne, die irgendwo in meinem Motorrad wohnt.

Jeden Tag, wenn ich zu meinem motorisierten Untersatz komme, hat diese kleine Spinne ein süßes kleines Netz an meinen Lenker dran gehäkelt. Jedes Mal denke ich dann: „Mensch Spinne, strick deine Fäden doch woanders. An dem großen Ast vom Apfelbaum gleich gegenüber zum Beispiel oder dort drüben in der Hecke.“ Und ja, jeden Tag zerstöre ich ihr Nachtwerk. Und jeden Tag fällt es mir ein wenig schwerer ihr Netz wieder aufs Neue einzureißen. Es gehört einfach nicht dort hin.

Und heute? Früh hatte ich ihr Netzwerk entfernt und dann … Stunden später, ich kam gerade von der Arbeit, um nach Hause zu cruisen und staunte nicht schlecht. Jetzt hatte die kleine Spinne neben ihrer tagtäglichen Nachtschicht auch noch eine zweite Tagschicht eingelegt. „Ich gebe mich geschlagen.“ hab ich ihr gesagt. Zusammen mit der kleinen Spinne und ihrem kleinen, feinen Netz an meinem Lenker, ging es dann nach Hause.

Aber nur dieses eine Netzchen. Mehr is nich drin. Du kleine verrückte Spinne.

Der kleine Spatz

Ich habe heute mit einem Spatz gesprochen. Eigentlich textete ich ihn nur stumpf zu, während er emsig kleine Zweige zusammentrug. Mir schien, er war dabei sein Nest auszubessern. Ich flüsterte ihm zu, dass er gut dran sei.

Woanders rasseln die Menschen wie blöde mit den Säbeln, als wüssten sie es nicht besser. Dummbratziges Pack, getrieben von Machtgeilen und Geldgierigen Wenigen, die weit weg von den zahllosen Kriesenschauplätzen ausharrten bis sich das niedere Bauernvolk auf deren Geheiß hin die Köpfe einschlägt.

Kurz, so schien es mir, hatte ich die ungeteilte Aufmerksamkeit von dem kleinem Federviech. Doch dann widmete er sich wieder seiner Rohstoffsuche. Du ignorierst mich kleiner Spatz? Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Aber natürlich. Sind die Menschen erst allesamt ausgerottet, muss du kleiner Spatzenmann ja trotzdem für ein behagliches Heim und für deine Lieben sorgen. Schlaues Vögelchen. Ach wäre die Menschhkeit nur halb so clever wie du mein kleiner Spatz.

Strafe muss sein oder ein „falscher Fehler“.

„Das ist ein guter Tag“ sagte ich mir heute Morgen beim Aufstehen. Freunde hatten uns zu einer Hausboottour auf der Müritz für das kommende Wochenende eingeladen. Durchaus ein Grund sich zu freuen. Denn eine frische Brise, belebende Sprünge ins kalte Nass, ein paar kühle Blonde mit den Freunden zischen und eventuell den einen oder anderen Angelerfolg in Aussicht gestellt zubekommen – da geht einem doch das Herz auf. Oder? Und da lag es durchaus nahe, sich vorab schon einmal um eine offizielle Angelkarte für den Raum Müritz zu kümmern. Soll ja perfekt werden und nicht mit immensen Straffengeldern fürs Wildfischen enden.

Gesagt, getan. Ab in Richtung Roggentin zu AngelJoe, dem Angelprofi schlechthin. Ich stehe also in der Abbiegespur an der Ampel Höhe Shelltanke und warte auf Grün, als mein Handy nach mir zu schreien begann. Das Handy aus der Hosentasche gezwängt und einen Blick auf das Display geworfen. Aha, die Schwiegermama. Prompt bestätigte sich meine Vermutung. Man hatte mich gesehen und wollte nur sichergehen, dass ich nicht zu Ihnen auf den heimischen Hof wollte, weil man gerade in die Gegenrichtung unterwegs war. Tja, Schwiegermutters geschultes Auge entgeht nichts. Sie hatte mich im Gegenverkehr wahrgenommen. Leider aber auch ein weiteres Paar Augen, die einem sympathisch dreinschauenden Uniformierten in einem blau-silbernem Sixpack zuzuordnen waren.

SCHEISSE! Ähm … Schwiegermama? Ich muss Schluss machen. Polizei. Ich bog vorschriftsmäßig ab und blickte ängstlich in den Rückspiegel. Verdammt, beim Sixpack ging das Rückfahrlicht an und man wendete. Kein Blaulicht. Bitte lieber Gott, wenn es Dich gibt, dann bitte jetzt alle umliegenden Einheiten zur Rettung einer kleinen Miezekatze ausrücken lassen. Ok. Es wäre eine Chance für Gott gewesen, sich anzubiedern. Hat er nicht gemacht. Aber das ist ein anderes Thema.

Also bog ich mit gebanntem Blick in den Rückspiegel auf den Parkplatz bei AngelJoe ein und suchte mir in der Nähe zum Eingang einen Platz aus. Kurz hatte ich gehofft, dass der liebe Herrgott mich wohl doch erhört hatte. Ätsch. Dem war nicht so. Das blausilberne Monster erschien hinter einer Hecke und kam dann direkt auf mich zu. Das war´s dann wohl, dachte ich und stieg aus. „Sie wissen was sie falsch gemacht haben?“ frug der braungebrannte Officer, der ebenfalls ausgestiegen war. Zu ihm gesellte sich eine etwas blasse aber nicht unattraktive junge Blondine. „Verkehrskontrolle. Fahrzeugpapiere, Führerschein und Ausweis bitte“ bekam ich von ihr zu hören. Kennt eigentlich einer noch den Film „Tage des Donners“ mit Tom Cruise und der falschen Polizistin, die eigentliche eine …? Ich schweife ab. Sorry. Nach meinem Schuldeingeständnis und der darauffolgenden Belehrung erfragte ich dann noch die zu erwartende Straffe. „60 Euro wird sie das kosten“ meinte der Mann und seine Kollegin ergänzte dann noch fix: „Und einen Punkt gibt es noch obendrauf“.

Das dazu. Was für ein schöner Tag. Und wenn ich jetzt noch ergänzen darf, dass mich der gute Mann bei AngelJoe an die örtlichen Fischer und Angelläden rund um die Müritz herum verwies, weil man nur dort die offiziellen Angelkarten erwerben könne …

Mit diesem Wissen und das auch etwas früher kommuniziert, wären mir die 60 Euro und das Pünktchen in Flensburg (Prost) wohl erspart geblieben.

Es kann nur besser werden. Ich wünsche Euch ein schönes und erholsames Wochenende und bitte nicht beim Autofahren telefonieren.

Ich und alt.

In den Siebzigern geboren. Verdammter Mist. Bin ich etwa ALT? Offensichtlich. Es fühlt sich aber nicht danach an. Meistens zumindest. Natürlich gibt es Tage, da spüre ich jeden Knochen in mir. Das liegt dann aber eher an den nichtalltäglichen Tätigkeiten, wie das Vollziehen von Umzügen, ungeliebten Auf- und Umräumaktionen oder sportlichen Aktivitäten mit den Kumpels. Der alten Zeiten wegen. Leider viel zu seltenen. Und daher immer mit Schmerzen verbunden.

Niemand kann leugnen, dass die Zeit an Einem einfach so vorbei zieht. Auch der Alkohol scheint heutzutage spürbar mehr als zu meinen Sturm- und Drangzeiten seine Wirkung zu entfalten. Mitunter ist das aber auch ein Zeichen mangelnden Trainings. Vielleicht geht das auch mit der sich immer weiter entwickelnden Vernunft einher. Oh Gott … ich bin wirklich alt. Floskeln, wie diese kannte ich früher nicht.

Ich habe kapiert, dass sich die Zeit in so vielen Dingen widerspiegelt und es ist mir klar geworden, dass nichts für ewig wehrt. Mein Töchterchen zum Beispiel. Sie wird bald 11 Jahre alt. ELF JAHRE ALT. Das scheint mir ein anderes „elf Jahre alt“ zu sein als zu meiner Zeit. Überhaupt sah ich in ihrem Alter eine Menge Dinge mit anderen Augen. Mehr mit Kinderaugen. Jetzt könnte man mir mit der Pubertären Weiterentwicklungskeule von Mädels gegenüber gleichaltrigen Buben kommen. Aber nein. Ich kann mich noch gut an meine Mädels in der fünften Klasse erinnern. Die waren allesamt anders. Das soll nicht bedeuten, dass ich nicht gutheiße, wie sich mein Kind entwickelt. Nein. Aber warum lässt sie sich nicht noch etwas Zeit damit? Also mit dem Erwachsenwerden.

„Es ist einfach eine andere Zeit gewesen“, hat mir unlängst ein Kumpel im Gespräch über den Wandel der Generationen an die Birne geknallt. Der mediale Einfluss war anders. Klaro. Wir hatten einen medialen Einfluss einfach nicht oder so gut wie gar nicht. Kein Markenbewusstsein. Ich kannte kein Adidas, Fruit of the Loom oder Nike. Wobei, doch … wir nannten die Shirts allesamt Nicki. Aber das hat wohl wenig bis gar nichts mit Nike zu tun. Egal. Was ich damit sagen will, dass sich so viele Dinge seither verändert haben. Und viele Dinge zum Nachteil, wie ich finde.

Früher war es eine echte Strafe für uns Lütten Stubenarrest erteilt zu bekommen. Heute musst du die Kids vor die Tür jagen, damit sie ein bisschen Farbe abkriegen. Heute ziehen Verbote von TV, Pc und Smartphone mehr denn je. Apropos Smartphones. Hatten wir auch nicht. Wir sind früh raus und spät wieder rein. Heute hat jeder so ein Smartphone. Jeder Zeit erreichbar. Volle Kontrolle. Und wenn mal nicht. Ja dann ist die Hölle los. Warum bist du nicht an dein Handy gegangen. Ich bin vor Sorge fast gestorben. Ein hausgemachtes Problem – ich weiß. Aber eben auch eine Quittung der sich immer ändernden Zeit. Kannst deinem Kind ja nicht verwehren, was andere Kinder und du selber auch machst.

Zum Glück sind da aber auch noch die Momente, wo sich meine Lütte ihrem Alter entsprechend wie eine Elfjährige verhält. Die kindliche Vorfreude auf bevorstehende Geburtstage. Der Wunsch nach Spielsachen. Ich staune dann zumeist, wie sie von einer Sekunde auf die andere von der frühfraulichen Person mit Lippenstift und Nagellack wieder zu meiner kleinen Püppi wandelt. Ich weiß aber auch, dass diese Momente immer mehr verschwinden werden. Wir werden nun mal alle älter.

Traurig

Auf der Straße. Kurz nach dem Starten des Wagens. Genervt vom Radiobetrieb auf CD geswitcht. Daheim. Glotze an. Schnell durchgezappt und wieder aus die Kiste. Vom Internet, dem „geliebten“ Fressebuch, einmal ganz zu schweigen. Medial wird gegenwärtig endlos mit Mutmaßungen, Videoschleifen, Stories mit und um den Flug 4U9525 nur so um sich geschmissen. Wie grausam für diejenigen, die von dieser Tragödie direkt betroffen sind.  Menschen, die ihre Liebsten verloren haben. Unvermittelt. Kalt und herzlos aus dem Leben gerissen. Ich vermag mir nur im Ansatz vorzustellen, wie es sein muss, wenn man versucht, in seiner Trauer dieser Nachrichtenwulst zu entfliehen. Nachrichten? Das sind keine Nachrichten. Das ist einfach nur Mist.

Anteilnahme ist gut und auch sehr wichtig. Und eine lückenlose Aufklärung ist unabdingbar. Das wird jedoch Zeit brauchen und letztendlich werden wir es erst erfahren, wenn die Medien den Hype dieser Tage schon längst hinter sich gelassen haben. Wenn die „News“ verbrannt sind. Und die Titelüberschriften es nicht mehr hergeben.

 

– Bei uns im Studio zugeschaltet ist „der Luftfahrtexperte der ARD“ Herr … .

– Germanwings-Crews verweigern den Dienst. Aus Trauer oder doch aus Angst?

– Nur ein Pilot soll im Cockpit gewesen sein.

– Nur bei uns. Ausführlicher Live-Ticker zum Germanwings-Absturz.

Gibt es eigentlich noch so etwas wie den informativen, auf Fakten beruhenden Journalismus? Ist eine Nachricht es nur dann wert, wenn sie Gegenstand waghalsiger Theorien ist? Kürzlich las ich, dass Gaffer mit Fotoapparaten bewaffnet bei einem Autounfall auf irgendeiner Autobahn erst für ihr Verhalten kritisiert und dann zur Verantwortung gezogen wurden. Zum Gaffer ist der Mensch aber nicht geboren. Er wird dazu erzogen. Die Medien tragen ihren Anteil dazu bei. Klatsch, Tratsch, ja das regelrechte Ausweiden von Tragödien und das anschließende Präsentieren in Gazetten, im TV und teils unzensiert im Internet. Das soll wahrhaftig Journalismus sein?

Das macht mich richtig traurig. Keine Ahnung, wohin das noch führen soll und führen wird. Höchstwahrscheinlich zu einer Art Verrohung der Gesellschaft. Anteilnahmslosigkeit im besten oder doch im schlimmsten Fall. Ich auf jeden Fall werde mich einmal mehr von dieser Art der „Berichterstattung“ freisagen. In Gedanken an jene, die gegangen sind, und denen, die nun lernen müssen damit zu leben. Das Leben ist leider auch sehr grausam.

Glauben

Anscheinend kommt gegenwärtig keine Nachrichtensendung ohne einen Beitrag über radikale Religionsfanatiker und deren Tun und Handeln aus. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht in irgendeiner medialen Form mit Religionsanhängern und natürlich auch mit deren Gegnern konfrontiert werde.

Ich glaube es ist an der Zeit, sich einmal mehr mit dem Thema Glauben zu beschäftigen. Schon lange denke ich über Sinn und Unsinn nach. Was ist der Glaube? Und was bedeutet es, an etwas zu glauben? Und vor allem, warum können Gläubige und Nichtgläubige nicht miteinander oder zumindest nebeneinander existieren. Wie viel ist ein Glaube wert, wenn er sich nicht um das Leben anderer schert?

Gleich vorweg, ich bin nicht religiös veranlagt. Glaube demnach nicht an Gott oder göttliche Fügungen. Dementsprechend fällt es mir schwer, auch nur ansatzweise nachzuvollziehen, was Menschen bewegt, im Namen ihrer Religion Dinge zu tun, die Andersdenkende und natürlich Andersgläubige verletzen oder gar umbringen können.

Ich habe viel darüber nachgegrübelt, warum ich eigentlich nicht an einen Gott glaube. Und ob ich überhaupt an etwas glaube. Das wird zum Einem an meiner Erziehung liegen. Meine Eltern und auch meine Großeltern sind und waren niemals religiös. Dessen bin ich mir jedenfalls recht sicher. Außerdem bin ich gegenüber „göttlichen Wundern“ viel zu skeptisch beziehungsweise pragmatisch eingestellt, als dass ich Dinge, die mir nicht einleuchten, mit göttlichen Instanzen erklären würde.

Und trotzdem glaube ich. An die Familie zum Beispiel. Der Begriff „Familie“ beschreibt bei mir weit mehr als nur die Summe aller Blutsverwandten und angeheirateten Parteien. Natürlich sagt die Familie auch etwas darüber aus „Woher ich komme“ und „Wohin es mich bringen wird“. Aber darüber hinaus zähle ich alle meine Freunde zu meiner Familie. Ich glaube an meine Freunde. Und für gute Freunde würde ich weit gehen. Wie weit? So weit es mir menschlich möglich ist!

Woran glaube ich noch? An die Musik. So, wie ich mir ein Leben ohne Familie nicht vorstellen kann, so ist es ohne Musik nicht lebenswert. Auch wenn ich die Tatsache bedaure, kein einziges Musikinstrument spielen zu können, so gibt mir doch die Musik in ihren vielfältigen Formen Halt und Kraft. Musik lässt mich intensiv Spüren, Fühlen, Emotionen ausdrücken. Für die Musik bringe ich Opfer. Gebe Geld für Tickets oder Tonträger aus. Bewundere, ach was, ich vergöttere ihre Macher. Musiker sind die Genies der Gegenwart und der Vergangenheit. Musiker sind meine Götter. Ich habe viele Götter, die alle nebeneinander und miteinander existieren.

Warum können die Religionen, ob nun Christentum, Islam, Hinduismus, Judentum, Buddhismus und alle anderen Glaubensrichtungen nicht gemeinsam oder zumindest mit gegenseitiger Akzeptanz nebeneinander existieren oder gar koexistieren? Warum muss die jeweils eigene Religion, die einzig wahre sein? Neben meiner Familie gibt es unsagbar viele andere Familien, gegen die ich keinen Groll hege und mit denen ich wunderbar leben könnte. Hier und da wird eine dieser Familien dann auch wieder die meine verstärken. Vorausgesetzt, man lässt es einfach geschehen. Lässt niemanden außen vor.

2015

Ein schauriges Gebrüll riss mich heute Morgen aus dem Schlaf. Noch tief verträumt versuchte ich die Quelle des Lärmes zu lokalisieren. Sie schien sehr weit weg zu sein und da … jemand schrie meinen Namen. Verdattert wühlte ich mich aus meinem Bett und tapste zum Fenster. Regen. Dunkle Nacht. Einsamkeit. Niemand zu sehen. Und trotzdem rief jemand aus der Ferne meinen Namen.

Knapp 2 Stunden später. Ich sitze hier in meinem kleinen, kalten Büro und ich weiß, wer oder besser was mich da rief. Mein Schreibtisch – die Sau!

Joe

Kannst Du Dir das vorstellen? Mehr als 400.000 Menschen, die sich versammelt hatten, um ein Teil der Musikgeschichte zu werden. Ob ihnen das damals schon bewusst war?

Und sie waren frei. Frei von so vielen Dingen. Keine Handys. Kein Internet. Auch frei von Konservierungsstoffen. Frei im Geist. Frei im Denken. „Revolution“ war eine praktizierte Tagesaufgabe und nicht nur ein Begriff aus dem Lexikon. Gut. Vielleicht nicht für jeden – aber für sehr viele.

Und dann stand da diese, für damalige Zeiten gigantische Bühne inmitten eines Ackers und ein Genius nach dem Anderen erklomm sie und ließ sich fallen. Gab einfach alles. Damals zählten noch Stimme, Kreativität und Message. Grateful Dead, Janis Joplin, Jimi Hendrix, Richie Havens und und und … und eben auch Joe Cocker.

Warum Zeiten nachträumen, die man doch gar nicht selbst erlebt hat? War doch nicht meine Zeit! Stimmt. Einfach gesagt – die Liebe meines Vaters zu dieser Musik war es. Paps hatte diesen handgemachten Sound verehrt. Ihn gespürt. Ihn gelebt. Und das hat mich irgendwann dann auch infiziert. Mich mitgenommen.

2005 war ich mit meinem Vater in der Standhalle bei dem Live Konzert mit Cocker. Und Joe, der alte Haudegen haute doch wahrlich diesen wahnsinnigen Urschrei in dem Song „With A Little Help From My Friends“ raus. 35 Jahre nach Woodstock erschuf dieser Mann noch immer so eine gewaltige Aura. Bei dem Gedanken an dieses Konzert und diesem Moment bekomme ich direkt wieder eine Gänsehaut. Immer wieder.

Nun ist Joe tot und es fühlt sich an als wäre ein Teil von mir mit ihm gegangen. Mir ist gerade bewusst geworden, dass ich nie wieder ein Konzert mit ihm erleben werde und das tut weh. Sehr weh. Aber seine Lieder bleiben und wie bei so vielen Dingen eben auch die Erinnerungen, die ich damit verbinde.

Nackte Angst

Letzte Nacht hat mich ein Traum aus dem Schlaf gerissen. Noch viele Stunden später beschäftigte er mich. Jeder weiß, dass Träume nicht immer gleich strukturiert oder auf ein und derselben Zeitachse ablaufen müssen. Das Gehirn verarbeitet im Schlaf Unmengen an Informationen. Lässt Protagonisten, Örtlichkeiten, Emotionen schlagartig wandeln und dadurch keine Möglichkeit ein klares Bild des Traumes wiederzugeben. Aber letzte Nacht … der Traum war so erschreckend real, wie eine Erinnerung, die nicht verblassen will oder nicht kann.

Der Traum handelte von meiner Familie und von meinen Freunden. Unter freiem Himmel an einem See saßen wir alle beisammen. Wir feierten irgendetwas. Hatten Spaß. Lachten. Aßen. Die Kinder tobten und tanzten um uns herum. Bunte Farben überall. Und plötzlich hielten alle schlagartig inne. Angst, Entsetzen, Fragen, Ungläubigkeit – all das lass ich in Ihren Gesichtern. Ich war Ihnen zugewandt und stellte fest, dass sie alle durch mich hindurch und an mir vorbei auf den Horizont starrten. Ich drehte mich also um und sah dieses gleißende Licht. War völlig geblendet. Es brannte in meinen Augen. Mit der Hand vor dem Gesicht versuchte ich durch dieses Licht hindurch zu sehen. Vergebens. Und so schnell wie dieses Licht am Horizont auftauchte, verschwand es auch wieder. Totale Stille. Vom Licht geblendet tastete ich nach der Hand meiner Frau, die neben mir saß. Sie wiederum zog unsere Tochter zwischen uns. Ich sah meiner Frau ins Gesicht und sah diese Angst. Diese nackte Angst.

Und im nächsten Augenblick kam eine schwarze Welle, schwarze Wolke … nein eine schwarze Wand auf uns zugerast. Alles schwarz. Schwarz.

Hochgeschossen, lag ich auf einem Arm aufgestützt in meinem Bett. Mein Herz hämmerte mir in der Brust. Ein Traum. „Das war nur ein Traum“ wurde mir klar. Meine Frau schlief tief und fest neben mir. Ich rappelte mich auf und verschwand in der Küche. Ein Glas Wasser sollte für Erfrischung und klare Gedanken sorgen. Mein Blick fiel auf die Uhr an der Mikrowelle. Es war 04:36 Uhr. Mitten in der Nacht.

Auf dem Weg zurück zum Schlafzimmer blieb ich vor dem Zimmer meiner Tochter stehen. Lauschte. Öffnete sacht die Tür und sah sie im fahlen Schein des Mondlichts liegen. Ich ging zu ihr ans Bett und zog ihr die Bettdecke hoch. Sie sah so unschuldig aus, wie sie da lag mit ihrem Lieblingskuscheltier im Arm. Keine Ahnung, wie lange ich da noch an ihrem Bett stand. Mir war mehr als nur bewusst, wovon ich nur Minuten zuvor träumte.

Ich hoffe, dass dieser Moment nie kommen wird und auch meine Tochter und meine Enkel und deren Kinder und Enkel dieses Ende niemals sehen werden.

Zurück in meinem Bett spukten mir diese Gedanken noch lange durch den Kopf. Schlussendlich entließ mich ein einziger Wunsch zurück in meinen Schlaf. Falls irgendwann dieser unsagbare Moment kommen sollte, der alles beendet und alles was es gibt mit sich nimmt, dann möchte ich bei meiner Familie sein. Ich möchte dann nicht alleine sein. Die Angst vor dem Alleinsein überwiegt so viel mehr als die Angst vor dem Ende.

Ist das normal?

Allet Jut!

Diese 2 Sätze bringt man mir in letzter Zeit immer öfter entgegen: „Alles gut bei Dir?“ und „Du bist heute so nachdenklich.“

Um da ein paar Missverständnisse aus dem Weg zu räumen – Ja, mir geht es an und für sich recht gut. Ich kann physisch keine Probleme benennen und psychisch belastbar bin ich wohl auch. Quasi kerngesund. Glaube ich zumindest. Und die vermeintliche Nachdenklichkeit ist das Resultat eines jahrelangen Trainings, bei dem ich versuche höchst angestrengt zu wirken, obwohl mir just in diesen besagten Momenten einfach mal gar nix durch den Kopf geht.

In anderen, auch nicht wenigen Momenten aber, bin ich wirklich mit dem Kopf in ganz wichtigen Dingen vertieft. Meist sitze ich dabei in meinem kleinen Office und versuche meine Kunden zufrieden zu stellen. Das ist nicht einfach. Und dabei darf man schon mal so wirken, als wäre man nachdenklich. Ist nix Schlimmes. Allet jut.

Trotzdem Danke der Nachfrage.